Datensparsames Performance Marketing gestalten – ohne auf Erfolge zu verzichten

Performance Marketing ist seit Jahren ein unverzichtbares Werkzeug, um Zielgruppen effektiv anzusprechen und messbare Ergebnisse zu erzielen. Doch in einer Welt, in der Datenschutz immer wichtiger wird, stehen Marketer:innen vor einer großen Herausforderung: Wie können wir datensparsam arbeiten, ohne dabei die Effektivität unserer Kampagnen zu gefährden? Die gute Nachricht ist, dass Datenschutz und Performance Marketing sich nicht gegenseitig ausschließen müssen. Mit den richtigen Methoden, Tools und Strategien kannst Du datensparsamer agieren, das Vertrauen Deiner Kund:innen stärken und gleichzeitig Deine Marketingziele erreichen. In diesem Beitrag erfährst Du, wie das gelingt – und welche Entwicklungen in den nächsten fünf Jahren auf uns zukommen könnten.

Warum Datensparsamkeit im Marketing immer wichtiger wird

Die Zeiten, in denen Unternehmen bedenkenlos große Mengen an Nutzerdaten sammeln konnten, sind vorbei. Verbraucher:innen sind heute sensibilisierter denn je für den Umgang mit ihren persönlichen Daten. Laut einer Studie von Cisco aus dem Jahr 2023 ist 87 % der Konsument:innen der Datenschutz wichtig. Gleichzeitig verschärfen Regulierungen wie die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) oder das kommende EU Data Act die Anforderungen an den Umgang mit Daten.

Doch der Wandel hin zu mehr Datensparsamkeit ist nicht nur eine Frage der Compliance. Es geht auch darum, langfristig Vertrauen aufzubauen. Marken, die transparent und verantwortungsvoll mit Daten umgehen, können sich positiv von der Konkurrenz abheben. Und das Beste: Weniger Daten zu sammeln bedeutet nicht zwangsläufig schlechtere Ergebnisse. Im Gegenteil – durch den gezielten Einsatz von First-Party-Daten und innovativen Technologien lässt sich Performance Marketing sogar effizienter gestalten.

Aktuelle Methoden für datensparsames Performance Marketing

Konkreter Fall: Website ohne Cookie Banner

Der naheliegenste Einsatz der First-Party Daten ist der in Mail-Kampagnen. Um in diesem Schritt die Weitergabe der wertvollen Daten an Drittanbieter zu vermeiden, lohnt sich ein Blick auf EU-hosted Alternativen oder sogar den Ansatz von Selfhosting, also Mailkampagnen ohne Limits und zusätzliche Kosten auf eigenen Servern.

Cookie-Banner sind oft ein Ärgernis für Nutzer:innen und können sogar dazu führen, dass sie Deine Webseite verlassen. Gleichzeitig möchtest Du personalisierte Werbung schalten und Conversion-Daten tracken – aber ohne dabei persönliche Daten wie E-Mail-Adressen an Anbieter wie Meta weiterzugeben.

Eine Alternative zum klassischen Cookie-Sammeln ist kontextbasiertes Targeting oder das sogenannte Cookieless Tracking:

  • Serverseitiges Tracking: Statt Cookies setzt Du serverseitige Lösungen ein, bei denen keine personenbezogenen Daten gespeichert werden müssen. Tools wie Piwik PRO oder Matomo ermöglichen Dir eine DSGVO-konforme Analyse des Nutzerverhaltens direkt auf Deinem eigenen Server. Du musst allerdings dennoch eine Meldung der Events an Meta oder Google einrichten, da kann technisch anspruchsvoll sein.
  • Fingerprinting: Hierbei wird ein anonymes Profil basierend auf Geräteinformationen erstellt (z.B. Bildschirmauflösung oder Browsertyp). Wichtig ist jedoch die Einhaltung strenger Anonymisierungsrichtlinien.
  • Privacy Sandbox: Google entwickelt aktuell Lösungen wie „Topics API“, bei denen keine individuellen Profile erstellt werden – stattdessen werden Interessen anonymisiert aggregiert.

Selfhosted Landingpages als Alternative

Wenn Du Landingpages nutzt, solltest Du überlegen, ob Selfhosted-Lösungen eine Alternative sein könnten:

  • Mit Plattformen wie WordPress (in Kombination mit Plugins wie Elementor) oder selbst gehosteten Tools wie Mautic oder Instapage kannst Du Landingpages erstellen und betreiben, ohne dass Drittanbieter Zugriff auf Deine Nutzerdaten erhalten.
  • Vorteile:
    • Vollständige Kontrolle über Daten
    • Keine Abhängigkeit von externen Plattformen
    • DSGVO-Konformität durch Hosting auf europäischen Servern

First-Party-Daten strategisch nutzen

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In einer Welt ohne Third-Party-Cookies (Cookies von Drittanbietern auf Deiner Seite, wie etwa ein YouTube Clip. Damit sind diese in der Lage, Nutzer:innenprofile zu erstellen) gewinnen First-Party-Daten zunehmend an Bedeutung. Diese Daten stammen direkt von Deinen Kund:innen – etwa durch Website-Interaktionen, Newsletter-Anmeldungen oder Loyalty-Programme – und sind besonders wertvoll, da sie freiwillig bereitgestellt werden und in der Regel präziser sowie vertrauenswürdiger sind als Third-Party-Daten.

Ein Beispiel für den intelligenten Einsatz von First-Party-Daten ist kontextbasiertes Targeting. Hierbei wird nicht das Verhalten einzelner Nutzer:innen analysiert, sondern der Kontext einer Webseite genutzt, um relevante Anzeigen auszuspielen. So könnte ein Reiseanbieter auf einem Blog über Wanderurlaub gezielt Werbung für Trekkingreisen schalten – ganz ohne personenbezogene Daten zu verwenden.

Auch Cookie-Alternativen wie Unified ID 2.0, eine offene Plattform zur Identifikation von Nutzer:innen auf Basis von E-Mail-Adressen (mit deren Einwilligung), bieten datenschutzfreundliche Möglichkeiten für personalisierte Werbung.

Data Minimization: Nur sammeln, was wirklich nötig ist

Ein zentraler Ansatz für datensparsames Marketing ist das Prinzip der Datensparsamkeit (auch bekannt als „Data Minimization“). Dabei geht es darum, nur die Daten zu erheben, die wirklich notwendig sind, um die gewünschten Marketingziele zu erreichen. Das klingt zunächst simpel, erfordert aber eine bewusste Planung und Analyse der eigenen Prozesse.

Beispielsweise könnte ein E-Commerce-Shop anstelle vollständiger Adressdaten lediglich die Postleitzahl abfragen, um regionale Angebote zu personalisieren. Diese Reduktion schützt nicht nur die Privatsphäre der Nutzer:innen, sondern minimiert auch das Risiko von Datenschutzverletzungen. Unterstützend können Tools wie OneTrust oder BigID eingesetzt werden, die automatisch überflüssige Datensätze identifizieren und Unternehmen dabei helfen, ihre Datenerhebung zu optimieren.

Tools für datensparsame Datenerhebung und -Verwaltung

Der technologische Fortschritt bietet zahlreiche Tools und Plattformen, die speziell darauf ausgelegt sind, datenschutzfreundliches Data Management zu ermöglichen. Diese Tools ermöglichen es Dir nicht nur, datensparsamer zu arbeiten, sondern oft auch effizientere Kampagnen durchzuführen.

Tool-KategorieBeispieleNutzen
KI-basierte AnalyticsPecan.ai, Adobe Sensei + Adobe TargetVorhersage von Conversion-Pfaden ohne oder mit nur wenig personenbezogenen Daten
Privacy-Enhancing TechEnveil (Homomorphe Verschlüsselung)Analyse verschlüsselter Daten – selbst Cloud-Anbieter sehen keine Klartexte
Self Hosted AnalyticsMatomo, Plausible, PosthogLokale Analyse durch Tracking-Lösungen ohne Drittanbieterzugriff

Zusätzlich ist es möglich, das Tracking bei den großen Plattformen wie Meta oder Google einzuschränken. Die Methoden „erweiteres Tracking“ (Google) und „advanced matching“ (Meta) dafür nicht anschalten oder deaktivieren. Sie nutzten sonst Nutzer:inndaten, zum Beispiel aus Formulardaten für das Event-Tracking mithilfe von Abgleichen mit den eigenen Datensätzen.

Ausblick: So entwickelt sich datensparsames Marketing bis 2030

Technologische Trends

Die nächsten Jahre werden geprägt sein von neuen Technologien zur Verbesserung des Datenschutzes im Marketing:

  • Federated Learning: Hierbei werden KI-Modelle direkt auf den Geräten der Nutzer:innen trainiert (z.B. Smartphones), sodass keine zentralisierte Datensammlung mehr notwendig ist.
  • Synthetic Data: Künstlich generierte Datensätze könnten künftig reale Nutzerdaten ersetzen – ideal für Trainingszwecke oder A/B-Tests.
  • Post-Quanten-Kryptografie: Mit Blick auf die Zukunft wird diese Technologie entscheidend sein, um sensible Daten vor Angriffen durch Quantencomputer zu schützen.

Politische Entwicklungen

Auch politisch wird sich vieles verändern:

  • Die Harmonisierung globaler Datenschutzgesetze schreitet voran – etwa durch das EU-US Data Privacy Framework ab 2026.
  • Ab 2027 könnten manipulative Cookie-Banner („Dark Patterns“) EU-weit verboten werden – ein Schritt hin zu mehr Transparenz.

Gesellschaftlicher Wandel

Konsument:innen legen zunehmend Wert auf Kontrolle über ihre eigenen Daten. Konzepte wie sogenannte „Data Trusts“, bei denen Nutzer:innen ihre Daten in kollektiven Treuhandmodellen verwalten können, könnten bis 2030 zum Standard werden. Marken wiederum könnten Transparenz und Datensparsamkeit als Alleinstellungsmerkmal nutzen – ähnlich wie es heute schon Unternehmen wie Signal oder Brave tun.

Die politische Entwicklung in den USA, wo viele große Tech-Unternehmen ihren Hauptsitz haben, wird von vielen Menschen in der EU mit Sorge betrachtet. Europäische Unternehmen erleben Anfang 2025 sogar einen gewissen Trump-Effekt – einen Run auf EU-hostet Clouddienste wie Nextcloud. Es ist möglich, dass sich diese Entwicklung einer gewissen Lokalisierung des Web fortsetzen könnte.

Datensparsamkeit als Erfolgsfaktor im Performance Marketing

Datenschutz ist kein Hindernis für erfolgreiches Performance Marketing – im Gegenteil: Mit den richtigen Strategien kannst Du Kampagnen effektiver gestalten und gleichzeitig das Vertrauen Deiner Zielgruppe stärken. Die Zukunft gehört Unternehmen, die Verantwortung übernehmen und innovative Technologien nutzen, um Datenschutz und Effizienz miteinander zu vereinen.

Jetzt liegt es an Dir: Setze auf First-Party-Datenstrategien, teste Privacy-fokussierte Tools und integriere Datensparsamkeit in Deine gesamte Customer Journey – so sicherst Du Dir nicht nur rechtliche Compliance, sondern auch einen klaren Wettbewerbsvorteil.

Pro Tipps

  • Vergiss nicht Deine Cloud und Deine Office-Suite: Dort liegen Deine Excel-Dateien voller Kundendaten, Reportings und die Berichte über Kundenprofile. Den Speicherort und die Tools könntest Du zum Beispiel durch Nextcloud mit eigenem Office ersetzen, das funktioniert wie Google oder Microsoft Office. Du benötigst dafür allerdings womöglich technischen Support, ist aber kostengünstig machbar. Dafür kannst Du die Daten selbst hosten und sie gehören stets Dir.
  • LLMs (AI) sind ebenfalls große Datensammler, dennoch werden sie immer öfter auch für die Analyse von Kund:innendaten verwendet. Umgehe diese problematischen Uploads, indem du vor dem Upload die Datensätze anonymisierst oder gleich auf selfhosted LLMs setzt. Das setzt allerdings wiederum gewisse Kosten und technisches Personal voraus. Es gibt aber auch kostengünstige Ansätze wie den mit dem Nvidia Orin Nano Super ab 300 Euro.
  • Alle Tools musst du nicht zwingend in deinem Büro hosten, sondern kannst sie auch über europäische Anbieter komplett fertig mieten oder selbst eine Cloud-Infrastruktur mieten (z.B über Scaleway)
  • Hier findest Du eine Liste mit vielen anderen nützlichen Open Source Tools, darunter für Mailkampagnen. Außerdem: die Zapier-Alternative Automatisch und die Typeform-Alternative Formbricks für Dialog-Landingpages
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